Grünen-Nationalrat Fricker tritt zurück
Der Vergleich, den er gemacht habe, sei verletzend und unangebracht gewesen, und er bitte nochmals um Entschuldigung für seine Aussage, schreibt Fricker in seinem am Samstagabend den Medien zugestellten Rücktrittschreiben an die Grünen im Kanton Aargau. "Der Holocaust war ein grauenvolles Verbrechen, er lässt keine Vergleiche zu."
"Klarheit nötig"
Sein Rücktritt aus dem Nationalrat sei das stärkste Zeichen, das er setzen könne. "Ich glaube, dass es diese Klarheit braucht in einer Zeit, da menschenverachtende Politik wieder salonfähiger wird." Er distanziere sich selbst in aller Schärfe von seiner Aussage.
Seinen Rücktritt verstehe er auch als Zeichen an seine Partei, deren humanistische Werte er vollumfänglich teile, so Fricker. Die Grünen hatten seine Aussagen als inakzeptabel verurteilt, aber auch mitgeteilt, dass er sich umgehend und ohne Vorbehalt entschuldigt habe, im Nationalrat und gegenüber der Vertretung der Schweizer Juden.
Aargauer Grüne: Respekt verdient
Die Aargauer Grünen erinnerten am Sonntag in einem Communiqué daran, dass der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) Frickers Bitte um Entschuldigung angenommen habe. Dem SIG sei klar gewesen, dass der abtretende Nationalrat keineswegs Antisemit oder menschenverachtend sei.
Mit dem Rücktritt stelle Fricker klar, dass für ihn Aussagen, die als antisemitisch oder menschenverachtend verstanden werden können, keinen Platz haben. Dieser Anspruch an sich selbst verdiene Respekt. Mit dem Schritt setze Fricker einen Massstab, "den man in der Politik selten findet".
Daniel Hölzle, Präsident der Kantonalpartei, sagte in einem sda-Video, Fricker wolle Schaden von der Partei abwenden. Druck vonseiten der Partei habe es nicht gegeben. Der Rücktritt sei Frickers Entscheid. Allerdings sei die Parteileitung dauernd mit ihm in Kontakt gestanden.
Das Votum von Fricker hatte in den Medien für Aufsehen gesorgt. Als er bei der Behandlung der Fair-Food-Initiative den Massentransport von Schweinen kritisierte, zog er einen Vergleich mit der Deportation von Juden nach Auschwitz. Noch im Rat entschuldigte er sich für den "unangemessenen Vergleich", den er in "seiner Naivität" gemacht habe.
Rund zwei Jahre im Nationalrat
Der 40-jährige Fricker tritt per Anfang der Wintersession zurück, nach dannzumal rund zwei Jahren im Nationalrat. Er ist Mitglied der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Zuvor war er Mitglied des Grossen Rates Aargau und des Stadtparlamentes von Baden AG. Zwei Mal und zuletzt bis 2016 war er Präsident der Grünen Aargau.
Erste Ersatzfrau für Fricker ist die Aargauer Grossrätin Irène Kälin aus Lenzburg. Die 30-Jährige gehört seit 2010 dem Aargauer Grossen Rat an. Bei den Nationalratswahlen im Herbst 2015 hatte Kälin auf dem ersten Listenplatz kandidiert. Jonas Fricker überrundete Kälin jedoch um rund 3000 Stimmen.
In einem Interview mit der Zeitung "SonntagsBlick" zollte Kälin ihrem Vorgänger Respekt. Sie werde im Nationalrat anders als Fricker politisieren, sozialer und röter.
Kälin ist Gewerkschaftssekretärin und Islamwissenschaftlerin. In dieser Funktion setzt sie sich für eine Anerkennung dieser Religion als Landeskirche ein. Die rechtliche Anerkennung sei wichtig für das Zusammenleben, sagte sie der Zeitung. Kälin hatte bei den nationalen Wahlen 2015 im Aargau ohne Aussicht auf Erfolg auch für einen Sitz im Ständerat kandidiert. (sda)
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