Interview mit Fifa-Präsident Sepp Blatter in Vaduz
Interview: Ernst Hasler, Sportredaktor Liechtensteiner Vaterland
Weit über 200 Verbände sind Mitglieder der Fifa. Was bedeutet es, wenn Liechtenstein als einer der kleinsten Verbände sein 75-jähriges Jubiläum feiert?
Fifa-Präsident Sepp Blatter: Für die Fifa und mich als Präsidenten gibt es keine kleinen Verbände. Es gibt nur Mitgliederverbände und jeder ist für mich wichtig. 75 Jahre Liechtenstein ist für mich wichtig, denn das liegt vor meiner Haustüre. Was Liechtensteins Fussballverband in den letzten Jahren gemacht hat, ist wirklich bemerkenswert und wie der Engländer sagen würde – «remarkable». Bemerkenswert ist nicht nur die Organisation, sondern auch die Arbeit, die diese Organisation leistet. Es geht dabei nicht nur um das Nationalteam, das gegenwärtig ausserordentliche Leistungen vollbracht hat. Mir gefällt die Erziehungsarbeit mit der Jugend. Das Jugendprogramm, das hier seit Jahren durchgezogen wird, ist exemplarisch auf der ganzen Welt. Zusammen mit der Schule und den Regierungsinstanzen kann der Fussball jene Rolle in unserer Gesellschaft spielen, die wir als Schule des Lebens sehen (Disziplin, Respekt). Es werden nicht alle Stars, sondern sie werden zu besseren Menschen geformt.
Liechtensteins Vereine spielen schon seit 75 Jahren in den Schweizer Ligen und profitierten von den sportlichen Vergleichen. Werden Sie sich beim Schweizer Fussballverband stark machen, dass Liechtenstein weiterhin zu fairen Konditionen mitspielen darf?
Das ist ein Thema, das ich mit LFV-Präsident Walser kurz angerissen habe. Ich war schon im Vorjahr in jene Angelegenheit von beiden Lagern leicht involviert. Wenn im Fussball schon eine Abmachung zwischen der Schweiz und Liechtenstein besteht, und Mannschaften auf jedem Niveau mitspielen können, so muss ich die zu gleichen Bedingungen wie die anderen Vereine einladen und nicht eine spezielle Bedingung für die Liechtensteiner Clubs ausarbeiten. Das finde ich nicht sehr fair.
Die Swiss Football League (SFL) stellt beim FC Vaduz Forderungen in der Höhe von 700 000 bis 800 000 Franken, wenn sie in der Super League mitspielen wollen.
Das finde ich unfair. Wenn du jemanden einlädst, am Tisch zu essen, dann darf ich ihm das Essen nicht noch verrechnen. Das ist keine Solidarität. Solidarität heisst: Kommt zu uns Fussball spielen, zu den gleichen Bedingungen wie die anderen Vereine. Die Schweiz kann auch sagen, wir wollen das nicht. Kommt, aber ihr müsst dafür zahlen, finde ich nicht gut.
Ist es möglich, dass Sie mit dem schweizerischen Verbandspräsidenten das Gespräch suchen?
Ich habe soeben mit Peter Gilliéron gesprochen und er meint, dass Peter Stadelmann das in früheren Jahren aufgegleist habe. Jetzt gibt es eine neue Verbandsführung. Ich fände es gut, wenn man den Weg über eine Mediation gehen würde. Ich würde mich als Mediator zwischen Liechtenstein und der Schweiz zur Verfügung stellen, um eine Lösung zu finden. Ich stehe auf der Liste der Mediatoren des Internationalen Schiedsgerichts in Lausanne.
Ein anderes Thema: Die grossen Nationen spielen nicht wirklich gerne gegen die kleinen Länder wie Liechtenstein. Sie tun sich immer schwerer und wollen eine Vorqualifikation für die Kleinen schaffen. Wird die Fifa die WM-Ausscheidungen wie im bisherigen Rahmen weiterziehen?
Die kleinen Nationen können auf die Fifa zählen. Das wird in den nächsten Jahren unverändert bleiben: Die Kleinen haben die gleichen Chancen wie die Grossen. Wenn wir das nicht mehr haben, schaffen wir zwei Kategorien an Verbänden. Solange ich in der Fifa bin, gibt es das nicht. Alle Nationen sollen die gleichen Chancen erhalten. Das macht den Fussball so attraktiv, weil es immer wieder Überraschungen gibt. Ein Sieg der Färöer-Inseln, das ist etwas Grossartiges. Ein solcher kann nur passieren, wenn wir solche Länder in den Ausscheidungen mitspielen lassen. Zudem können die Kleinen nur an den Vergleichen mit den Grossen wachsen und stärker werden. Bis zur WM 2014 wird das System gleich bleiben.
Wieviele Jahre bleiben Sie noch im Amt?
Vorerst bin ich bis nach der WM 2010 in Südafrika im Amt. Ich bin überzeugt, dass die WM gut über die Bühne gehen wird, auch wenn wir die Hilfe Gottes in Anspruch nehmen müssen. Danach sehen wir weiter. Wenn es die Gesundheit in der Folge zulässt und der Fussball, sprich der Kongress, mich noch will, werde ich noch eine Session anhängen. Was soll ich denn sonst noch machen?
Dauerthema FC Sion mit Christian Constantin: Dessen afrikanischer Torhüter erhielt eine Spielsperre und der Verein ein Transferverbot. Sion ging vor den CAS. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Eine Fifa-Kommission (Schiedsgericht) hatte einen Entscheid gefällt. Da waren Vertreter der Klubs und Spieler anwesend. Der FC Sion hat einen Rekurs gefällt, das CAS wird in Bälde entscheiden, ob der Fifa-Entscheid richtig war, ob er verbessert oder über den Haufen geworfen werden muss. Das CAS wird zweimal überlegen, was zu entscheiden ist. Schliesslich geht es darum, dass Abmachungen einzuhalten sind und man Respekt und Disziplin leben muss. Christian Constantin – ohne ihn würde der FC Sion in der Zweiten Liga interregional spielen – hat im Wallis einiges bewegt, dennoch darf man nicht meinen, dass man alles an sich ziehen muss. Ich warte mit Interesse, was das CAS entscheidet
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