Christian Wulff neuer deutscher Bundespräsident
Berlin. – Dass ihm so viele Vertreter von Schwarz-Gelb zunächst die Gefolgschaft verweigerten, ist eine Demütigung für das neue Staatsoberhaupt. Beschädigt kommt Christian Wulff ins hohe Amt – jetzt muss der 51-Jährige zeigen, dass er trotzdem ein guter Präsident ist. Wulff musste am Mittwoch eine Menge Geduld aufbringen, doch die hat er in seiner Karriere schon häufiger gebraucht. So benötigte er auch drei Anläufe, um das Amt des Regierungschefs in Hannover zu erringen. 1994 und 1998 verlor er die Landtagswahlen gegen den damaligen Ministerpräsident Gerhard Schröder, bevor er 2003 gegen den späteren Regierungschef Sigmar Gabriel (beide SPD) gewann.
Parteikarriere
Das Ministerpräsidentenamt war der vorläufige Höhepunkt einer Karriere, die Wulff zielstrebig aufgebaut hatte. Von 1978 bis 1980 war der am 19. Juni 1959 in Osnabrück geborene Wulff Bundesvorsitzender der Schüler Union, danach war er auch in der Osnabrücker Lokalpolitik tätig. 1994 wurde er Landesvorsitzender der CDU in Niedersachsen, im selben Jahr übernahm er den Fraktionsvorsitz im Landtag, bis er dann 2003 Ministerpräsident wurde. Nach seiner Wahl zum Regierungschef mauserte sich der bis dahin eher steif wirkende Wulff zum souveränen Landesvater, der sich gerne volksnah gab.
Schwarz-Gelb setzte in Niedersachsen konservative Akzente etwa durch das Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem und zeigte Härte bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Ein ganz anderes Signal war die Berufung der 37-jährigen türkischstämmigen Muslimin Aygül Özkan zur Sozialministerin in Hannover.
Die Trennung von seiner langjährigen Ehefrau Christiane im Sommer 2006 ging Wulff offensiv an. Mit seiner dann folgenden Ehe mit der deutlich jüngeren Bettina Körner konnte er selbst in den ländlichen CDU-Stammlanden Osnabrück und Oldenburg bestehen.
Kein «Alphatier»
Politisch gefiel sich Christian Wulff in der Pose von Selbstverzicht und Bescheidenheit. Ihm fehle «der unbedingte Wille zur Macht», sagte Wulff einmal. Dabei arbeitete der Politiker stets konsequent daran, sich für höhere Ämter zu empfehlen. Schliesslich verstand es Wulff mit dem 1998 errungenen Amt des CDU-Bundesvize auch, unauffällg und effizient seine Interessen in Berlin zu vertreten. So wurde er als möglicher Bundeskanzler gehandelt, auch wenn er entsprechende Ambitionen bestritt. Er sei nun mal kein «Alphatier», sagte er zur Begründung. Jetzt hat er das höchste Amt im Staat erreicht, das ihm freilich kaum Macht verleiht. Doch deutliche Worte sind von ihm dennoch zu erwarten.
«Umgangston und Stil der Kontroversen lassen absolut zu wünschen übrig», schrieb er kürzlich der schwarz-gelben Koalition ins Stammbuch. Ähnlich wie sein Vorgänger im Schloss Bellevue, Horst Köhler, dürfte er sich als unbequemer Mahner versuchen. (sda)
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