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Globalisierung und Recht

Die Zeiten sind unsicherer als auch schon – zumindest scheint es so. Gefühlt greift eine politische Radikalisierung um sich, deren Ergebnis schwer vorhersehbar ist.
Heinz Frommelt
Heinz Frommelt, Partner der Kanzlei Sele, Frommelt & Partner mit Sitz in Vaduz

Es gibt viele Versuche, der Ursache des Unwohlseins, des Gefühls der Ohnmacht auf die Spur zu kommen und irgendwie ist vieles richtig beobachtet oder auch nicht, vollständig ist es kaum. Die Globalisierung wird immer wieder als ein Hauptgrund der Unsicherheit verortet, und ganz falsch ist das wohl nicht. Es ist eine der Ursachen. Niemand mag es, fremdbestimmt zu werden und schon gar nicht, fremdbestimmt durch etwas das nicht mehr erfassbar ist.

Ob der Arbeitgeber jeden Tag erfahren bzw. erlebt sein kann, weil er im eigenen (regionalen) Umfeld lebt und arbeitet oder ob der Arbeitgeber ein anonymer Konzern tausende von
Kilometern entfernt ist, macht einen erheblichen Unterschied. Da sind Unwägbarkeiten und damit verbundene Unsicherheiten, gerade im Zeitalter der Digitalisierung nicht wegzudiskutieren. Da wird durchaus schon mal an einer grossen Chart-Tafel die eine oder andere Gesellschaft mit unter Umständen Hunderten von Arbeitsplätzen blitzschnell und emotionslos wegrationalisiert. Das tut kein Patron wie in früheren Zeiten, der greifbar ist und dem seine Schäfchen noch am Herzen lagen. Die Globalisierung, die schon seit geraumer Zeit ein stehender Begriff ist, wird in einer neuen weiteren Phase zu einer wahrlich weltweiten Globalisierung 2.0.


Ohnmacht, Frust und Wut
Die Politik steht dem hilf- und machtlos gegenüber. Da ist zum einen das Primat der «offenen Wirtschaft», der konkurrenzfähigen eigenen Wirtschaft, die gegen ein Eingreifen des Nationalstaates spricht, und da ist andererseits das Geflecht von Wirtschaft und Politik, die einen scharfen Eingriff des Staates in die Wirtschaft faktisch unterbindet. Da gleichzeitig der Eindruck zunimmt, dass sich die einen auf Kosten der anderen mehr und mehr untereinander – oder teilweise auch mit politischer Hilfe – beim Normalbürger bedienen, wird aus Ohnmacht schnell Frustration und Wut.
Und weil die Rezepte der Gegenwart offenbar keine Abhilfe zu bringen scheinen, wird der Blick nach hinten gewandt, um mit Mitteln der Vergangenheit die Zeiten jener gefühlt geschützten Welt wieder aufleben zu lassen. Ob das wirklich gelingt, darf bezweifelt werden. Das technische Zeitalter und die länderübergreifenden Vernetzungen nehmen mit exponentieller Geschwindigkeit zu und nicht ab. Die Transparenz der Abläufe, die Mobilität von Mensch und Material ist nicht mehr aufzuhalten und keine Grenze der Welt, ob Mauern oder neue Handelsverträge, können das stoppen.
Und obwohl nicht alle staatlichen Vorschriften und Regulatorien gut sind, bedeutet ein weitestgehender Abbau dieser Regeln, denjenigen Teil des Schutzes aufzugeben, der gegen eine ungezügelte Gewinnmaxierung noch vorhanden ist. Schutzlosigkeit führt aber nicht zu weniger, sondern zu mehr Ohnmacht, Frustration und Wut.

Die Wirtschaft und insbesondere erfolgreiche Wirtschaftstätigkeit ist gezwungenermassen ein dynamischer Prozess, die Politik ein macht- und machterhaltender, das Recht aber setzt gesellschaftspolitisch akzeptierte Rahmenbedingungen und ist stabilisierender Faktor. Dies insbesondere dort, wie in den westlichen
Demokratien, wo Recht und Gesetz demokratisch legitimiert sind. Wer Recht und Regulatorien kleinredet und für zu entfernende Hindernisse hält, sei dies zum unbeschränkten Wirtschaften oder zur ungezügelten Machtausübung, begibt sich auf gefährliches Gefälle und öffnet Willkür und Ungerechtigkeit Tür und Tor. Die Herrschaft des Rechts ist damit mehr als nur schöner Schein, es ist häufig das Einzige, was zwischen grenzenlosem Fortschritt oder ungezähmter Machtentfaltung und Schutzlosigkeit steht. Die Anwender des Rechts brauchen daher Mut, unabhängig und am eigentlichen Zweck des Rechts – der Gerechtigkeit – orientiert, sich der Zukunft nicht zu versperren, sondern mit Augenmass die Menschen in unsicherer Zeit zu schützen, sei dies in Liechtenstein oder anderswo.

 
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