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Mehr Lohn pauschal für alle Branchen?

«Bei weiter steigendem Druck drohen Entlassungen.»
Rainer Ritter
Rainer Ritter, Präsident der Wirtschaftskammer Liechtenstein

Der Liechtensteiner Arbeitnehmerverband (LANV) hat unlängst Lohnforderungen pauschal von ein bis zwei Prozent in den Raum gestellt und dies bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt gefordert. Der Franken-EuroKurs von 1,15 war eine Begründung für eine solche Lohnerhöhung. Dabei wissen wir nicht, wie sich der Franken-Euro-Kurs weiter mittelfristig entwickeln wird. Veränderungen sind sehr schnell möglich, die schmerzhafte Einschnitte zur Folge hätten. Der Einkaufstourismus und vor allem Internetbestellungen stellen für das heimische Gewerbe nach wie vor eine grosse Herausforderung dar. Es gibt keine Blaupause, wie dieser Abwanderung der Kaufkraft entgegengesteuert werden kann. 

Erhöhungen der Sozialabgaben treffen nicht nur den Arbeitnehmer, sondern auch den Arbeitgeber – gemäss neuem BPVG (Betriebliches Personalvorsorgegesetz). Auch das ist eine weitere Belastung, die auf Arbeitgeber zukommt. Der Zeitpunkt für Lohnforderungen scheint daher nicht der richtige zu sein. Zumal die Mehrwertsteuer im Jahr 2018 um 0,3 Prozent sinkt. Dadurch werden Produkte für Konsumenten günstiger, während die Teuerung stabil gegenüber dem Vorjahr bleibt. Zukunftsaussichten von Marktforschern sind unklar und ob dies auch so eintrifft ist sehr wage. Hier wurden schon einige Male falsche Prognosen abgegeben.

Bürokratische Hürden
Fallende Preise für Konsumenten, zeitgleich aber auch stark sinkende Margen für Unternehmer setzen viele Betriebe der Region unter zusätzlichen Druck. So werden Autos beispielsweise günstiger und die Preiseinsparung für den Konsumenten wird zum Teil über die Händlermargen kompensiert. Unternehmen der Region müssen grosse Investitionen tätigen und stehen unter hohem Kostendruck. Bürokratische Hürden werden nicht zuletzt durch die Mitgliedschaft im EWR immer höher. So ergibt sich mit dem neuen Sorgfaltspflichtgesetz auch ein bürokratischer Mehraufwand, da Händler Bargeldzahlungen über 10 000 Franken künftig an die Finanzmarktaufsicht (FMA) melden müssen. Bei einigen Branchen stehen zudem keine Verhandlungen an, da erst im letzten Jahr neue Verträge ausgehandelt und für zwei Jahre vereinbart wurden. 

Hohe Investitionen

Nicht von der Hand zu weisen ist zudem auch die Tatsache, dass Liechtenstein bereits ein Hochlohnland ist. Digitalisierung ist in solchen Hochlohnländern, wie die Schweiz und Liechtenstein es sind, von zentraler Bedeutung. Dadurch bleiben Unternehmen im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig und können den Industriestandort attraktiv halten. Nur so lassen sich die dringend benötigten Mitarbeiter für den Wandel gewinnen. Doch dafür müssen Unternehmen hohe Investitionen tätigen. Der Fachkräftemangel in der Region droht diese Entwicklung zudem auszubremsen. Um innovativer und digitaler zu werden, brauchen Unternehmen das richtige Personal. Einige Unternehmen versuchen, das Problem zu lösen, indem sie sich um Spezialisten aus dem Ausland bemühen. Doch in diesem Kampf der Talente ziehen manche Betriebe womöglich den Kürzeren. Rund ein Viertel der KMU dürfte laut einer aktuellen Studie akut vom Fachkräftemangel betroffen sein. Liechtensteiner Betriebe sind zwar bemüht, Nachwuchs zu fordern. In manchen Branchen fehlt dieser aber schlichtweg.

Die Forderungen für einzelne Branchen des LANV sind derweil noch nicht bekannt. Dennoch ist es noch verfrüht zu denken, dass Unternehmen den Frankenschock völlig überwunden haben. Bei weiter steigendem Druck durch Löhne auf Unternehmen drohen Entlassungen, Betriebsschliessungen oder Verlagerungen ins Ausland. Dies gilt es, bei Lohnforderungen und Verhandlungen mitzuberücksichtigen. Nur Unternehmen, die langfristig konkurrenzfähig sind, können Arbeitsplätze sichern. 

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