Handelskonflikt
Glaubt man dem chinesischen Handelsministerium, wurde in den letzten Wochen der «grösste Handelskrieg der Wirtschaftsgeschichte» eingeläutet. Noch ist offen, ob es tatsächlich so weit kommen wird. Klar ist allerdings bereits, dass die von den USA im März dieses Jahres angekündigten Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium nur den Anfang verschiedener handelspolitischer Massnahmen und Gegenmassnahmen markierten. Für die Welthandelsordnung, wie wir sie derzeit kennen, ist dies eine grosse Herausforderung.
Ein zentrales Wahlversprechen von Donald Trump war es, das Handelsbilanzdefizit der USA zu reduzieren und Industriejobs in die USA zurückzuholen. Den internationalen Handel versteht Trump derweil als ein Nullsummenspiel: Was des einen Gewinn, ist des anderen Verlust. Entsprechend verlangt er von seinen Handelspartnern, ihren Handelsüberschuss mit den USA durch Exportbeschränkungen abzubauen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen neue bilaterale Abkommen abgeschlossen werden. Die Zusatzzölle dienen dabei als Druckmittel. In dieser Strategie zeigt sich Trumps tiefe Ablehnung multilateraler und regionaler Vereinbarungen, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass die USA in bilateralen Verhandlungen ihre Macht besser ausspielen können.
Die Sorge der USA um ihr Handelsbilanzdefizit ist kein neues Phänomen. So zeigen diverse Studien, dass als direkte Folge steigender Importe aus China einzelne Regionen und Industriebranchen in den USA stark gelitten haben. Mit Blick auf China gesellt sich dazu der Vorwurf einer ungenügenden Integration in die Welthandelsorganisation (WTO), der Währungsmanipulation und der Verletzung des Schutzes von geistigem Eigentum.
Neben den konkreten Vorwürfen an China ist Trump getrieben von einer generellen Globalisierungskritik. Auch hierfür gibt es auf den ersten Blick durchaus legitime Argumente, da die Gewinne aus der Globalisierung gerade in den USA ungleich verteilt sind. So berechnete der Ökonom Branko Milanovic, dass sich weltweit die Reallöhne in den verschiedenen Einkommensschichten zwischen 1988 und 2008 stark unterschiedlich entwickelt haben, wobei er für gewisse Einkommensgruppen sogar eine Einbusse des realen Einkommens feststellte.
Hat Trump deshalb recht mit seiner neuen Handelspolitik? Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Die Vorteile des Freihandels sind in der Ökonomie unbestritten. Die Kritik der Ökonomen an der Globalisierung bezieht sich vielmehr auf unkontrollierte internationale Kapitalströme und spezifische Sonderregelungen für Grosskonzerne. Auch zu einer besseren Verteilung der Globalisierungseffekte taugen Trumps Massnahmen wenig. Dazu bräuchte es viel eher eine signifikante staatliche Umverteilung und mehr Investitionen in die Bildung. Trumps Fixierung auf das Handelsbilanzdefizit mit einzelnen Staaten lässt zudem die bis zur Fertigstellung eines Gutes erfolgten grenzüberschreitenden Warenströme ausser Acht. Auch ignoriert Trump die Überschüsse, welche die USA im Handel mit Dienstleistungen erzielen sowie die Tatsache, dass Handelsbilanzdefizite vor allem durch das Spar-, Konsum- und Investitionsverhalten der Bevölkerung verursacht werden.
Schliesslich verstossen die Zusatzzölle wohl gegen WTO-Recht, da sie sich kaum – wie von den USA behauptet – als Schutz der nationalen Sicherheit rechtfertigen lassen. Entsprechend haben verschiedene Staaten – unter anderen die Schweiz – auf die Zusatzzölle der USA mit einer Klage bei der WTO reagiert. Die EU hat zudem gezielte einseitige Zollmassnahmen gegen die USA erlassen. Diese sollen sich vor allem in den sogenannten Swing States auswirken, wo Trump nur über eine knappe politische Mehrheit verfügt.
Ob innenpolitischer Druck Trump tatsächlich zu einer Abkehr von seiner protektionistischen Politik bewegen kann, ist offen. Ein Versuch ist es aber allemal wert, denn aus der Sicht Europas dürfen die Errungenschaften der globalen Wirtschaftskooperation nicht leichtfertig aufgegeben werden. Dabei gilt es nicht nur, das bestehende Gleichgewicht aus Handelsliberalisierung und Importschutz zu wahren, sondern auch etablierte Institutionen wie die WTO zu schützen. Gerade für kleine Staaten ohne politische Macht sind diese Institutionen und die daran geknüpfte Verrechtlichung der internationalen Beziehungen zentral.
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