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One-Planet-Society

«Jede Gesellschaft hat bezüglich der Nachhaltigkeit eigene Defizite.»
Dietrich Schwarz, Professor für Nachhaltiges Bauen an der Universität Liechtenstein Inhaber von Schwarz-Architekten in Zürich (Bild: ADRIAN SCHROEDER)

Unsere Gesellschaft ist nach wie vor vom 20. Jahrhundert geprägt. Ein Jahrhundert, in dem viele Schranken überwunden und grenzenlose Freiheit für das Individuum und die Gesellschaft durch Innovation und Wirtschaftswachstum angestrebt und erreicht wurden. 

Ein erster Wendepunkt in diesem Wachstumsdenken war der 24. Dezember 1968, als die Apollo-8-Mission den Mondorbit erreichte und  unser Planet zum ersten Mal von aussen betrachtet werden konnte. Das magische Bild des blauen Planeten liess die Menschheit nicht mehr los. Es kamen neue Forscher, die die Begrenztheit der Erde erkannten und deren Limiten als menschliche Lebensbasis erforschten. Spätestens die Ölkrise mit den Bildern von autofreien Autobahnen führte die Knappheit der Ressourcen auch der allgemeinen Bevölkerung vor Augen. 

Trotzdem war die Zeit für eine Wende noch nicht reif. Die Wirtschaftselite ignorierte alle Warnungen, ihre neuen Wunderwaffen gegen den Schock hiessen Globalisierung und Atomenergie. Energieressourcen und Konsumgüter sollten frei gehandelt werden und neue Technologien unendliche Energiequellen dafür erschliessen. In dieser Phase überschritt die Menschheit zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte die Bio-Kapazität der Erde. Aktuell tut sie dies weltweit bereits um das Eineinhalbfache, in Europa um das Dreifache. Dies ist nur möglich, weil unser Planet grosse Ressourcenspeicher und das Ökosystem durch seine dynamische Einheit eine erhebliche Toleranz besitzt. 

Keine globale Lösung

Im heutigen Umfeld hat sich der alte Begriff der Nachhaltigkeit neu gefestigt. Das Nachhalten ist weder eine Wissenschaft noch eine Ideologie. Vielmehr bestimmt es das Verhältnis des Menschen zu seiner Realität, ökologisch zwischen ihm und der Natur, sozial zwischen ihm und der Gesellschaft und ökonomisch zwischen ihm und seinen realen Werten. Es bedarf nun einer sachlichen Analyse. Es gibt keine globale Lösung, vielmehr sind spezifische lokale Lösungen gefordert, denn jede Gesellschaft hat bezüglich der Nachhaltigkeit eigene Defizite und entsprechende Herausforderungen zu bewältigen. In den westlichen Gesellschaften, im hoch entwickelten Zentraleuropa sind dies folgende relevante Themen: Das Aufrechterhalten der Versorgungssicherheit mittels Rohstoffen und Energie, durch Effizienzsteigerung im Energiekonsum und Gewinnung erneuerbarer Energien. Das Stoppen des Landschaftsschwundes, verursacht durch den grösser werdenden Siedlungsraum und die dazugehörigen Infrastrukturen. Das finden neuer Konzepte für die sozioökonomischen Folgen der gesellschaftlichen Überalterung als Resultat schrumpfender Gesellschaften, obwohl diese eigentlich ein positiver Effekt für das Verhältnis Menschheit zu Planet ist. Das Zusammenleben einer multikulturellen Gesellschaft aufgrund von Flüchtlingen vor globaler Ungerechtigkeit und von Arbeitskräften, welche der globalisierten Wirtschaft folgen. Erhalt unserer Realwerte durch eine umsichtige und tragbare Transformation derselben für eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Das Verhältnis klären

Die Antwort auf diese Herausforderung heisst «One-Planet-Society». Diese steht einerseits vor der existenziellen Aufgabe, das Verhältnis zwischen der Weltbevölkerung und dem Planeten Erde zu klären, andererseits fordert sie innerhalb von zwei Generationen eine Transformation unserer eigenen Gesellschaft und Infrastruktur im globalen Konkurrenzkampf nach dem Darwin’schen Prinzip «Survival of the Fittest». 

Dabei prägt die Disziplin der Architektur und Raumplanung mit dem produzierten Wohn- und Arbeitsraum unser Gesellschaftsmodell, sie generiert damit gleichzeitig einen Grossteil unserer langfristigen Realwerte und ist verantwortlich für mehr als vierzig Prozent des Energiekonsums. Es müssen daher für die neue Herausforderung der Begrenztheit und Gesundschrumpfung Lösungsansätze gefunden werden. Gefragt sind kreative Innovation, aber auch strategische Exnovation. Qualität steht in Zukunft über der Quantität. Diese Veränderungen bieten grosse Chancen für eine lebenswerte, postmaterielle Gesellschaft.

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