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Gleich lange Spiesse, aber bitte für alle!

«Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.»
Die liechtensteinische Sozialpartnerschaft hat viel erreicht. Insbesondere in Branchen mit Gesamtarbeitsvertrag (GAV) konnten wir in den vergangenen Jahren Lohndumping erfolgreich bekämpfen und gleich lange Spiesse im Wettbewerb schaffen. Doch es bedurfte vieler Anläufe, bis auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum effizienten Vollzug der GAV geschaffen waren. Heute sind etwa 45 Prozent unserer Arbeitsplätze gesamtarbeitsvertraglich abgedeckt. Damit geniessen die Arbeitnehmenden fast aller 
Industrie- und Gewerbebranchen Schutz vor Lohn- und Sozialdumping. Sämtliche der 21 GAV beinhalten Mindestlohnbestimmungen, 14 wurden allgemeinverbindlich erklärt. Damit gelten sie für alle Unternehmen der jeweiligen Branche und darüber hinaus auch für Unternehmen aus dem Ausland, die in Liechtenstein Aufträge ausführen. Für den Zeitraum einer Dienstleistungserbringung in Liechtenstein müssen somit auch die Entsendebetriebe ihre Mitarbeitenden gemäss unseren GAV entlöhnen.
Sieben GAV sind nicht allgemeinverbindlich. Ihre Gültigkeit beschränkt sich damit auf die Mitglieder der 
jeweiligen Unternehmen und ihre Mitarbeitenden. 
 
Aussenseiter- und Entsendebetriebe müssen sich nicht an die GAV-Bestimmungen halten. Für sie gilt lediglich die äusserst liberale Arbeitsgesetzgebung, womit gemäss Regierung den Unternehmen maximale Flexibilität geboten wird, um sich schneller an Veränderungen in den Kernmärkten anpassen zu können. Ohne weitergehende gesamtarbeitsvertragliche Rahmenbedingungen konnte diese maximale Flexibilität seltsame Blüten treiben. So schreibt das Arbeitsvertragsrecht vor, missbräuchliches Unterbieten orts- berufs- oder branchenüblicher Löhne zu verhindern. 
In Branchen mit allgemeinverbindlichem GAV gelten die Mindestlöhne als Untergrenze, auch für Grenzgängerbewilligungen. Doch schon bei einem nicht allgemeinverbindlichen GAV herrscht Uneinigkeit über die Höhe eines orts-, berufs- oder branchenüblichen Lohns, obwohl die Sozialpartner im GAV Mindestlöhne abgemacht haben. Die Verwaltung hingegen legte für sämtliche Branchen ohne allgemeinverbindlichen GAV einfach ein vom Amt für Soziale Dienste errechnetes Existenzminimum von 2600 Franken als Lohnuntergrenze fest, brutto wohlgemerkt. Diese Untergrenze bietet Unternehmen in der Tat maximale Flexibilität bei der Rekrutierung von Arbeitskräften. Wer sich auch nur am Rande mit liechtensteinischen Löhnen befasst, weiss, dass diese Untergrenze tief im Lohndumpingbereich liegt. Praktisch alle tiefsten GAV-Mindestlöhne liegen heute bei 3250 Franken. Dass es sich bei den Bewilligungen um Grenzgängerinnen und Grenzgänger handelt, deren Lebenshaltungskosten tiefer als jene bei uns sind, darf als Argument nicht gelten. Das mussten wir uns schon an­hören, als wir bei der Umstellung auf Eurolöhne mit historischen Kursen gegen die Schlechterstellung von Grenzgängerinnen und Grenzgängern kämpften. Für den LANV gilt der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.
Kosten trägt Allgemeinheit
Drehen wir doch einfach mal den Spiess um und argumentieren mit der Rhetorik der Arbeitgeber. Sie verlangen wie wir, dass ausländische Betriebe für die Dauer von Aufträgen in Liechtenstein unsere Mindestlöhne einhalten. Für die Arbeitgeber gilt der Grundsatz: Gleich lange Spiesse bei der Auftragsvergabe. Doch wie sieht es mit gleich langen Spiessen im Arbeitsmarkt aus? Gerade in Branchen mit vielen Jobs für Geringqualifizierte kann das Schlechterstellen von Grenzgängerinnen und Grenzgängern zum Bumerang für inländische Arbeitskräfte werden. Wer stellt bei gleicher Qualifikation eine inländische Arbeitskraft ein, wenn sie jenseits der Grenze für 700 Franken weniger zu haben ist? Nicht zuletzt werden damit unsere orts-, berufs- und branchenüblichen Löhne allmählich nach unten geschraubt. Mit dieser Praxis tun wir nur jenen Arbeitgebern einen Gefallen, die den entfesselten Markt zur Gewinnmaximierung nutzen. Die Kosten hingegen werden dem Staat aufgebrummt. Was für den Auftragsmarkt gilt, sollte analog für den Arbeitsmarkt gelten: gleich lange Spiesse für alle.
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