Depression 2.0
Aktuellste Studien der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation verweisen darauf, dass spätestens im Jahr 2030 die Depression den weltweit häufigsten Erkrankungsgrund darstellen wird. Die direkten und indirekten Folgekosten in Milliardenhöhe im Gesundheitswesen und insbesondere auch in der Wirtschaft könnten durch einen nachhaltigen Einsatz finanzieller Mittel in die psychiatrische Grundversorgung einen Mehrwert von 1 zu 4 erzielen.
Denn Depressionen im medizinischen Kontext können in mehr als zwei Dritteln der Fälle bei frühzeitiger Diagnosestellung und entsprechender Intensivversorgung gut behandelt werden. Und mindestens so wichtig: Durch die erzielten Lerneffekte sind die Betroffenen weit weniger rückfallgefährdet. Dabei ist die Behandlung der medizinischen Depression analog der Beschreibung in den Wirtschaftswissenschaften von Phasen geprägt, welche auch eine Erholung und den allmählichen Aufschwung beschreiben.
Hochs und Tiefs
In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Begriff der Depression nach wie vor negativ besetzt. Depressionen werden von Menschen als bedrohlich empfunden. Hintergrund ist die systemtheoretische Vorstellung, dass eine Depression einen linearen Endpunkt einer schweren, unumkehrbaren Krankheitsentwicklung darstellt. Wissenschaften ausserhalb der Medizin helfen, den Depressionsbegriff besser einzuordnen. So wird in der Geologie ein Gebiet unterhalb des Meeresspiegels, eine sogenannte Senke, in welcher Habitate für seltene Meeresbewohner entstehen, als Depression bezeichnet. Auch in der Meteorologie kennen wir als Synonym für das Tiefdruckgebiet den Begriff der Depression. Bekanntlich wechseln sich Hoch- und Niederdruckgebiete in unseren Breiten stetig ab. Daraus entstehen die wesentlichen Variablen der vier Jahreszeiten und damit ein sich wiederholender Zyklus. Auch in der Astrologie – zugegeben ein nicht ganz so belastbarer Wissenschaftszweig – wird die einem Tierkreiszeichen gegenüberliegende Position als Depression bezeichnet. Ebenso einen neutraleren Zugang zu dieser Begrifflichkeit prägt die Wirtschaftswissenschaft. Hier wird unter dem Begriff der Depression eine Konjunkturphase im Sinne eines Konjunkturtiefs beschrieben. Darunter versteht man die Entwicklung, wenn eine Volkswirtschaft aus mannigfaltigen Gründen in einen Abschwung gerät. Die Depression, so wird von Wirtschaftswissenschaftern ausgeführt, folgt in der Regel auf die Rezession und wird nach Durchschreiten eines Tiefpunktes durch die Phase der Erholung beziehungsweise eines allmählichen Aufschwungs abgelöst. So viel zu wirtschaftswissenschaftlichen Terminologie.
Aus psychiatrischer Perspektive ist es erfreulich, dass vor allem auch Wissenschaften ausserhalb der Medizin den Depressionsbegriff eher neutral besetzen und als Phänomen in Phasen verstehen. Die Wirtschaft kann sich dies zunutze machen. Dabei geht es nicht allein um die Kostenrelevanz. Es geht auch darum, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden sehen, ob und wie sie verstanden werden. Die Lebenszeit-Prävalenz, das heisst die Wahrscheinlichkeit einmal im Leben an einer messbaren psychischen Störung zu erkranken, und die Depression ist hier das häufigste Störungsbild, liegt zwischen 20 und 25 Prozent. Vordergründig wird die Depression mit Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, bleierner Schwere und anderer Umschreibung näherungsweise abgeleitet. Wenn man der Wortbedeutung weiter auf den Grund geht und nachforscht, bedeutet Depression aber auch Tiefsinn. Und das kann auch für die Wirtschaft kein Nachteil sein, vorausgesetzt, betroffene Mitarbeitende erhalten die Chance, analog der Volkswirtschaft die Phasen zu durchlaufen und aus einer Depression wieder in einen Aufschwung zu gelangen, von dem Unternehmen nachhaltig profitieren können. Es sollte den Unternehmen nicht Angst, sondern Mut machen, sich mit dem jedem Menschen innewohnenden Tiefsinn konstruktiv auseinanderzusetzen.
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